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Sonderabfälle dürfen nicht frei entsorgt werden

Datum: 04.04.2006

Kurzbeschreibung: Gewerbliche oder industrielle Abfälle, die besonders überwachungsbedürftig sind (Sonderabfälle), sind in Baden-Württemberg der SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH in Fellbach anzudienen, wenn sie nicht verwertet werden; diese Behörde entscheidet dann über die Einzelheiten der Beseitigung der Abfälle. Eine (thermische) Verwertung der Abfälle in einer Sonderabfallverbrennungsanlage, die den Erzeuger von dieser Andienungspflicht freistellen würde, liegt nur dann vor, wenn die Gewinnung von Energie der Hauptzweck der Abfallverbrennung ist. Dies hat der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute den Beteiligten bekannt gegebenen Urteil entschieden.

Die Klägerin des Verfahrens, ein in Baden-Württemberg ansässiges Unternehmen der Abfallentsorgung, hatte von verschiedenen  gewerblichen und industriellen Abfallerzeugern Abfälle wie schlammige Tankrückstände, Schlämme aus der Farb- und Lackentfernung und verbrauchte Öle zur Entsorgung übernommen. Bis zu 1.500 Tonnen pro Jahr dieser besonders überwachungsbedürftigen Abfälle hatte sie vorbehandelt und der Sonderabfallverbrennungsanlage eines privaten Entsorgungsunternehmens in Brunsbüttel (Beigeladene) zur Entsorgung zugeführt. Ihr war von der SAA Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH (Beklagte) aufgegeben worden, diese Abfälle im Rahmen der durch Landesverordnung geregelten Zuweisung in der Sonderabfallverbrennungsanlage eines Unternehmens in Hamburg beseitigen zu lassen. Die gegen diese behördliche Anordnung gerichtete Klage des Entsorgungsunternehmens hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart abgewiesen.
Die - wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene - Berufung der Klägerin hat der VGH nach mündlicher Verhandlung am 21.03.2006 (vgl. Pressemitteilung vom 09.03.2006) jetzt zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt: Die thermische Behandlung der in Rede stehenden Abfälle in der Verbrennungsanlage der Beigeladenen sei bei einer am Europäischen Gemeinschaftsrecht orientierten Auslegung der maßgeblichen Vorschriften nicht als Verwertung zu qualifizieren, sondern als Teil der Abfallbeseitigung. Die Gewinnung von Energie in der genannten Anlage sei nicht der Hauptzweck der Verbrennung der Abfälle, sondern lediglich ein Nebenzweck, was insbesondere ein vom Senat eingeholtes Sachverständigengutachten belege. Die Beigeladene mache ihren Umsatz weit überwiegend mit der Abfallverbrennung und nur in Höhe von maximal 3,5 % mit dem Verkauf thermischer Energie. Zudem habe die Klägerin nicht nachgewiesen, dass der Betrieb der Verbrennungsanlage der Beigeladenen ohne die Versorgung mit den im Streit befindlichen Abfällen unter Verwendung einer Primärenergiequelle (wie Heizöl) fortgesetzt werden müsste oder dass die Beigeladene für die Anlieferung der Abfälle eine Vergütung entrichte.

Der Senat hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Az. 10 S 790/03).

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