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Teilerfolg der EnBW Kraftwerke gegen den "Wasserpfennig"

Datum: 06.12.2005

Kurzbeschreibung: 

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat heute das Berufungsurteil zur Klage der EnBW Kraftwerke AG, einer 100 %-Tochter der Energie Baden-Württemberg AG, gegen die Erhebung eines ungekürzten Wasserentnahmeentgeltes für das Kernkraftwerk Philippsburg für die Jahre 1998 und 1999 verkündet. Er hat darin dem Kraftwerksbetreiber in wesentlichen Punkten Recht gegeben.

Der Rechtsstreit hat folgenden Hintergrund: In Baden-Württemberg muss für das Entnehmen von Grund- und Oberflächenwasser ein Entgelt bezahlt werden (sog. „Wasserpfennig“). Dessen Höhe betrug in den Jahren 1998 und 1999 zwei Pfennige/m3 für die Benutzung von Wasser aus oberirdischen Gewässern zu Kühlzwecken und 10 Pfennige/m3 für die Entnahme von Grundwasser. Das der Klägerin gehörende Kernkraftwerk Philippsburg entnahm dem Rhein zum Zwecke der Kühlung der beiden Reaktorblöcke im Jahre 1998 etwa 1,77 Mrd. m3 und förderte für weitere betriebliche Zwecke etwa 683.000 m3 Grundwasser zutage. Im Jahre 1999 waren es etwa 1,94 Mrd. m3 Rheinwasser und etwa 557.000 m3 Grundwasser. Für diese beiden Jahre setzte das Landratsamt Karlsruhe ein Wasserentnahmeentgelt von zusammen etwa 74,4 Mio. DM fest.

Den ausführlich begründeten Antrag der EnBW Kraftwerke AG, dieses Entgelt im Hinblick auf den seit der Liberalisierung des Strommarktes im Jahre 1998 entstandenen scharfen Wettbewerbsdruck auf der Grundlage einer im Wassergesetz enthaltenen Regelung zu ermäßigen, lehnte das Landratsamt in Befolgung ministerieller Erlasse im April 2000 ab. Der Stromerzeuger hatte vor allem damit argumentiert, ein solches seine Ertragskraft minderndes Entgelt werde nur in wenigen anderen Bundesländern und im Ausland überhaupt nicht erhoben. Dadurch werde seine Wettbewerbsfähigkeit am Strommarkt, der praktisch ausschließlich durch den Preis bestimmt werde, erheblich beeinträchtigt. Die Behörden stellten sich demgegenüber auf den Standpunkt, für die Beurteilung der Frage, ob bei ungekürzter Erhebung des Entgelts eine erhebliche und nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit vorliege, was nach dem Gesetz Voraussetzung für eine Ermäßigung ist, dürfe nicht isoliert auf die Stromerzeugungssparte des EnBW-Konzerns abgestellt werden. Vielmehr müsse die Ertragskraft des Gesamtkonzerns in den Blick genommen werden. Diese werde aber durch die Erhebung des ungekürzten „Wasserpfennigs“ für das Kernkraftwerk Philippsburg nicht signifikant in Mitleidenschaft gezogen.

Dieser Sichtweise hat sich das Verwaltungsgericht Karlsruhe angeschlossen und die Klage der Kraftwerkstochter der EnBW auf Ermäßigung des Wasserentnahmeentgelts im November 2002 abgewiesen. Das von der Klägerin eingeleitete Berufungsverfahren hat sich aus verschiedenen Gründen - u. a. waren in der Presse immer wieder Meldungen aufgetaucht, dass sich eine politische Lösung des Problems abzeichne - längere Zeit hingezogen und ist nunmehr durch das heute verkündete Urteil des VGH abgeschlossen worden. Dessen 8. Senat teilt den Standpunkt der Behörden und des Verwaltungsgerichts im Wesentlichen aus folgenden Gründen nicht:

Die von ihm in früheren Urteilen zu anderen Wirtschaftszweigen gebilligte „Konzernbetrachtung“ könne im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangen. Denn diesem Abstellen auf die „höhere Ebene“ habe die Erkenntnis zugrunde gelegen, bei vertikaler Konzernverflechtung könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch entsprechend gewählte interne Verrechnungspreise Gewinne oder Verluste verlagert würden, ohne dass die über das Wasserentnahmeentgelt entscheidende Behörde dies im Einzelnen überprüfen könne. Von einer derartigen Undurchschaubarkeit der Zahlenwerke könne bei der Stromwirtschaft nicht (mehr) ausgegangen werden. Denn das in Ausführung einer EU-Richtlinie im April 1998 erlassene Energiewirtschaftsgesetz stelle sicher, dass sich aus den veröffentlichten Jahresabschlüssen der einzelnen Unternehmen ablesen lasse, auf welcher Stufe der Stromerzeugung und -verteilung Gewinne und Verluste anfielen. Verdeckte Gewinn-verlagerungen seien deshalb nicht mehr möglich. Damit bestehe aber auch kein Grund, für die Frage der Belastung durch die Erhebung eines „Wasserpfennigs“ auf die übergeordnete Konzernebene abzustellen, denn wenn eine Stufe der Wertschöpfungskette „künstlich“ mit Verlusten belastet werde, könnten die Behörden dies erkennen und darauf im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung reagieren. Dass ihr eigenes Betriebsergebnis bzw. das Ergebnis ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit durch das Wasserentnahmeentgelt um mehr als 5 % belastet werde, habe die Klägerin aber nachgewiesen. Dieser Wert kennzeichne eine in der landesweiten Praxis angewandte Schwelle, ab der in der Regel das Entgelt ermäßigt werde. Davon abgesehen hätte selbst bei einer Konzernbetrachtung Anlass bestanden, Ermessenserwägungen über eine Ermäßigung des „Wasserpfennigs“ anzustellen, weil dessen ungekürzte Erhebung auch in dessen Rechenwerk Spuren hinterlasse, die - je nach betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweise - die 5 %-Schwelle über- oder nur knapp unterschritten. Solche Erwägungen seien aber erstmals im Laufe des gerichtlichen Verfahrens angestellt worden und deshalb aus prozessrechtlichen Gründen nicht beachtlich. Im Übrigen seien sie auch inhaltlich nicht schlüssig, weil sie nicht erkennen ließen, aufgrund welcher Annahmen die ungekürzte Erhebung des Wasserentnahmeentgelts für zumutbar gehalten worden sei. Der Senat hat deshalb das Land verpflichtet, über den Ermäßigungsantrag der EnBW Kraftwerke AG unter Beachtung seiner Vorgaben erneut zu entscheiden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, der Klägerin und dem Land steht deshalb die Beschwerde wegen dieser Nichtzulassung an das Bundesverwaltungsgericht zu (Az: 8 S 314/03).

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