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"Körperwelten" - Ausstellung bedarf keiner vorherigen Genehmigung

Datum: 29.11.2005

Kurzbeschreibung: Gunther von Hagens obsiegt beim Verwaltungsgerichtshof


Das Institut für Plastination darf die Ausstellung „Körperwelten. Die Faszination des Echten“ in Baden-Württemberg künftig ohne eine vorherige Genehmigung durchführen und die mittels einer von Gunther von Hagens erfundenen Plastinationstechnik präparierten Leichen öffentlich ausstellen. Die Ortspolizeibehörde kann jedoch im Einzelfall die Ausstellung bestimmter Exponate untersagen. Dies hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.11.2005 unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Karl-Heinz Weingärtner heute entschieden und das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart geändert, das die gegenteilige Auffassung vertreten hatte.

Dem Institut für Plastination (Klägerin), das in Deutschland die Ausstellung Körperwelten durchführt, war im März 2003 von der Landeshauptstadt Stuttgart die Ausnahmegenehmigung vom Verbot der öffentlichen Ausstellung von Leichen nur unter Auflagen erteilt worden. Hiernach durften sieben Plastinate überhaupt nicht und zwei Plastinate nur mit Einschränkungen gezeigt werden. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die öffentliche Ausstellung von Plastinaten keiner Ausnahmegenehmigung nach der Bestattungsverordnung bedarf. Dem ist das Verwaltungsgericht Stuttgart nicht gefolgt und hatte mit Urteil vom 16.3.2004 die Auffassung der Landeshauptstadt Stuttgart bestätigt, wonach es sich bei den ausgestellten Plastinaten um Leichen im Sinne des Bestattungsrechts handle und für die Durchführung der Ausstellung eine Ausnahmegenehmigung erforderlich sei. Die Ausstellung von insgesamt fünf Plastinaten sei von der Behörde jedoch zu Unrecht untersagt worden. Hingegen sei es rechtmäßig gewesen, die Ausstellung des Skelettpräparats „Prayer“ zu untersagen. Insoweit handle es sich zwar um ein Skelett und damit um keine Leiche im Sinne des Bestattungsrechts, das Verbot habe jedoch insoweit auf Polizeirecht gestützt werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem heute verkündeten Urteil der Berufung der Klägerin, der Gunther von Hagens beigetreten war, stattgegeben. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Vorsitzende des 1. Senats hervorgehoben, dass es sich entgegen der Ansicht der Klägerin bei den Plastinaten zwar um Leichen im Sinne des Bestattungsgesetzes handele. Doch würde deren öffentliche Ausstellung mit wissenschaftlichem Anspruch keiner Genehmigungspflicht unterliegen. Denn das in der Bestattungsverordnung vorgesehene Verbot, Leichen öffentlich auszustellen, gelte nicht für anatomische Institute, zu denen sich die Klägerin zählen könne. Dies bedeute jedoch nicht, dass es keine Grenzen der öffentlichen Zurschaustellung gebe. Vielmehr sei die würdige Präsentation der Exponate zu gewährleisten. Im Falle eines Verstoßes hiergegen könne die Ortspolizeibehörde mit den Mitteln des Polizeirechts einschreiten und die Ausstellung einzelner Exponate untersagen. Die Ausstellung des betenden Skeletts „Prayer“ habe die Landeshauptstadt Stuttgart jedoch nicht untersagen dürfen. Denn auch insoweit sei ein wissenschaftlicher Ausstellungszweck zu erkennen und werde der Achtungsanspruch des Verstorbenen nicht verletzt.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az.: 1 S 1161/04).





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