Suchfunktion

Pressemitteilung über die Geschäftstätigkeit im Jahr 2004

Datum: 08.03.2005

Kurzbeschreibung: 


1. Geschäftsentwicklung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

Die Eingänge beim Verwaltungsgerichtshof im Jahr 2004 erreichten fast die Marke von 5.000 und lagen damit um 20 % höher als im Jahr 2002 und um 6 % höher als im Jahr 2003. Die Steigerung gegenüber dem Vorjahr dürfte vorwiegend auf die Zunahme von Numerus-clausus-Verfahren zurückzuführen sein. In den Asyleingängen gab es gegenüber dem Vorjahr so gut wie keine Veränderungen.

Die Erledigungen beim VGH lagen auf dem gleichen - hohen - Niveau wie im Vorjahr. Wegen des Überhangs an Eingängen hat sich aber der Bestand anhängiger Verfahren auf 1.513 erhöht. Diese Quote ist aber, da sie weniger als ein Drittel der Jahreserledigungsquote ausmacht, kein Grund zur Sorge.

Der VGH ist mit seinen Verfahren auf dem Laufenden, wie die durchschnittlichen Verfahrenslaufzeiten belegen, mit denen er bundesweit eine Spitzenposition einnimmt. In einem guten halben Jahr sind Rechtsmittel in allgemeinen Verwaltungsrechtsverfahren (6,2 Monate gegenüber 6,7 Monaten im Vorjahr) und in einem Vierteljahr sind Rechtsmittel in Asylsachen (gegenüber 2,4 Monaten im Jahr 2003) erledigt. In den erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren (dies sind durchweg sehr aufwendige Verfahren) lag die durchschnittliche Verfahrensdauer im Jahr 2004 bei 10,8 Monaten. Dass hier die Verfahrensdauer gegenüber dem Vorjahr um gut 2 Monate angestiegen ist, ist sicherlich nicht der Beginn eines Negativ-Trends, sondern Zeichen, dass extrem aufwendige und damit zeitintensivere Großverfahren entschieden wurden.

Angesichts der bekannten Rechtsmittelbeschränkung ist stets auch die Frage interessant, zu welchem Anteil die Anträge auf Zulassung der Berufung Erfolg hatten. Im Jahr 2004 lag dieser Anteil bei 15,6 % in den allgemeinen Verwaltungsrechtssachen. Dieser Anteil ist gegenüber dem Vorjahr gesunken. Es ist aber zu berücksichtigen, dass neuerdings Berufungen auch direkt von den Verwaltungsgerichten zugelassen werden können. Dies ist im Jahr 2004 in 70 Fällen geschehen (bei insgesamt 295 Berufungen in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen).

Etwa ein Fünftel der Berufungen in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen waren erfolgreich, bei den Beschwerden waren es 7,2 %.


2. Geschäftsentwicklung bei den Verwaltungsgerichten des 1. Rechtszuges

Bei den vier Verwaltungsgerichten im Land sind im Jahr 2004 etwa 14 % weniger Verfahren anhängig geworden wie im Jahr zuvor. Der Rückgang der Verfahren fiel im Asylbereich mit 18 % deutlicher aus als bei den anderen Verfahren und findet seine Ursache in der rückläufigen Tendenz der Asylbewerberzahlen insgesamt. Bei den allgemeinen Verfahren ist der Rückgang damit zu erklären, dass in den Jahren 2002 und 2003 beamtenrechtliche Streitigkeiten wegen der Bildung einer Versorgungsrücklage sowie Streitigkeiten türkischer Mitbürger wegen der Gewährung von Landeserziehungsgeld in hoher Zahl eingegangen waren, die im Jahr 2004 in diesem großen Umfang nicht mehr anhängig gemacht worden sind. Da weniger Richterpersonal zur Verfügung stand als in den Vorjahren (wegen Stellenstreichung bzw. längerer Vakanzen in der Wiederbesetzung von Richterämtern; 2002: 153,4 Richter-AKA, 2003: 147,5 AKA, 2004: 146 AKA) ist die Belastung in den einzelnen Richterreferaten trotz gesunkener Eingänge nicht nennenswert geringer geworden.

Die Erledigungsquote lag erfreulicherweise deutlich höher als die Eingangsquote, so dass der Bestand anhängiger Verfahren wiederum deutlich um 13 % abgenommen hat.

Die Verwaltungsgerichte erbringen zeitnah gerichtlichen Rechtsschutz. Die durchschnittliche Verfahrensdauer in allgemeinen Verwaltungsrechtssachen liegt bei knapp über 8 Monaten (8,2, wie im Jahr 2003). In Asyl-Hauptsacheverfahren liegt sie mit über 10 Monaten (10,7 Monate) etwas darüber, was aber mit Blick auf den hohen Aufklärungsbedarf von schwierigen Asylländern wie Afghanistan, Irak oder Iran zu beründen ist. Eilverfahren werden bei den Verwaltungsgerichten durchschnittlich in gut 2 Monaten erledigt.

Das Hauptkontingent an Asylklägern stellte bei den Verwaltungsgerichten im Jahr 2004 Serbien-Montenegro, gefolgt von Irak, der Türkei und Nigeria.


3. Stellenverlagerung auf die Sozialgerichtsbarkeit

Die Verwaltungsgerichsbarkeit gibt 2 VGH-Richterstellen (R 2), 10 VG-Richterstellen (R 1) sowie 6 Stellen aus dem Unterstützungsbereich an die Sozialgerichtsbarkeit ab, da seit Jahresbeginn die Zuständigkeit für die klassischen Sozialhilfesachen (verblieben sind Kinder- und Jugendhilfe) auf die Sozialgerichtsbarkeit verlagert worden ist. Alle bis zum Jahreswechsel anhängig gewordenen Sachen sind aber noch zu bearbeiten und Rechtsmittel an den VGH sind auch weiterhin eröffnet. Ein Verfahrensrückgang um etwa 6 % ist daher bei den Verwaltungsgerichten zu erwarten, beim VGH dagegen wird ein solcher wegen der möglichen Rechtsmittel eher nicht oder in deutlich geringerem Umfang stattfinden.


4. Zusammenführung der Fachgerichtsbarkeiten

Die Überlegungen zur Zusammenführung der drei Fachgerichtsbarkeiten (Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit) wurden mittlerweile in einem Gesetzentwurf konkretisiert, der nach seiner Verabschiedung im Bundesrat nunmehr dem Bundestag vorliegt. Danach sollen die Bundesländer die Option erhalten, zwei oder drei der Fachgerichte zu einem „Einheitlichen Fachgericht“ zusammenzuschließen. Wegen der damit verbundenen Grundgesetzänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Bundestages erforderlich. Ob diese Mehrheit erreicht wird, ist derzeit mehr als fraglich. Wie bereits der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts in seiner Presseerklärung vom 10.02.2005 möchte ich mich, obgleich Befürworter dieser Reform, gegen die angedachte Bezeichnung als „Einheitliches Fachgericht“ bzw. für den Verwaltungsgerichtshof „Einheitliches Oberfachgericht“ verwahren. Da dieser Begriff keinen nachvollziehbaren Bezug zum Inhalt hat, kann sich unter „Fachgericht“ niemand etwas vorstellen. Mit der Aufgabe der Bezeichnung „Verwaltungsgerichtshof“ würde in Baden-Württemberg mit einer Tradition gebrochen, die seit 1863 besteht. Das erste Verwaltungsgericht auf deutschem Boden war der „Verwaltungsgerichtshof“ des Großherzogtums Baden. Zu Recht weist der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts darauf hin, dass weltweit Gerichte, die sich zusammengefasst mit dem Verwaltungsrecht, dem Steuerrecht oder dem Sozialrecht befassen, Verwaltungsgerichte heißen (etwa Tribunal Administratif in Frankreich).


5. „Große Justizreform“

Anzumerken ist schließlich noch, dass die Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 25.11.2004 eine „Große Justizreform“ ausgerufen hat, die in ihren Kernpunkten die Verwaltungsgerichtsbarkeit allerdings nur hinsichtlich des Vorschlags einer Vereinheitlichung der Gerichtsverfassungen und Prozessordnungen und der propagierten „funktionalen Zweigliedrigkeit“ berührt. Die Schaffung von einheitlichen Prozessordnungen ist selbstverständlich zu begrüßen; bislang sind aber stets alle Reformen in dieser Richtung stecken geblieben. Da die Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits eine der modernsten und schlankesten Prozessordnungen besitzt, wird hier der Gedanke einer „funktionalen Zweigliedrigkeit“ nicht auf fruchtbaren Boden fallen. In vielen Bereichen würde dies einen Rückschritt gegenüber den bisherigen Regelungen bedeuten. Wie „aus gut informierten Kreisen“ zu hören ist, wird es für die Verwaltungsgerichtsbarkeit insoweit wohl auch keine Änderungen geben.

Unser Rechtssystem hat eine hohe Qualität und ist ein bedeutender Standortvorteil für Deutschland, worauf jüngst der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Herr Ludwig Georg Braun, hingewiesen hat. Nichts ist so gut, als dass es Reformen nicht verbessern könnten. Ein „reformatorischer Übereifer“, wie er in der Ankündigung: „Große Justizreform“ anklingt, verstellt aber mitunter den Blick und lässt die anerkennenswert gute Qualität unseres Rechtsschutzsystems in Vergessenheit geraten. Davor gilt es zu warnen.


6. Rückblick

Auch im vergangenen Jahr fand eine Vielzahl von Entscheidungen ein beachtliches Interesse in der Öffentlichkeit und in den Medien. Die in mehr als 50 Presseerklärungen bekannt gegebenen Entscheidungen spiegelten erneut die breite Palette verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeiten wider. Sie umfasste von der Frage der Zulässigkeit von Paint-Ball Spielen, Neonazi Demonstrationen und einer erhöhten Hundesteuer für Kampfhunde bis zur atomrechtlichen Zulässigkeit eines Interimslagers für abgebrannte Brennelementen in Gemmrigheim und der Rechtmäßigkeit mehrerer straßen- und eisenbahnrechtlicher Planfeststellungsverfahren, nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens.

Da vielfach in der öffentlichen Diskussion über den „Rechtsmittelstaat Deutschland“ und über allzulange Verfahrenlaufzeiten geklagt wird, soll diesen Vorwürfen einmal anhand von 2 Beispielen aus dem vergangenen Jahr widersprochen und dargelegt werden, wie schnell und zügig tatsächlich Rechtsschutz gewährt und Rechtssicherheit geschaffen wird. Es sind dies Beispiele, in denen sich jeweils das behördliche Verfahren wegen umfänglicher Planungen und komplexer Gutachtenerhebungen über mehrere Jahre erstreckte.

Besonders erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die im Februar 2004 bekannt gegebene Entscheidung des 5. Senats, mit der die Zulässigkeit des vierspurigen Ausbaus der Rheintalbahn Karlsruhe - Basel im Abschnitt Schliengen - Efringen-Kirchen - Eimeldingen (vorbehaltlich einer Nachprüfung des Planfeststellungsbeschlusses für den Fall der Realisierung des „Oberrhein-Bypasses“) bestätigt wurde. Das Klageverfahren wurde am 18.2.2003 beim VGH anhängig gemacht und bereits vor Ablauf eines Jahres, nämlich am 28.und 29.2.2004, verhandelt und entschieden.

Auch hinsichtlich der neuen Landesmesse in Leinfelden-Echterdingen zeigte sich, dass die baden-württembergische Verwaltungsgerichtsbarkeit ausgesprochen zügig entscheidet. Obwohl für diese Verfahren eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs nicht bestand, konnten die verwaltungsgerichtlichen Verfahren der betroffenen Landwirte und der Stadt Leinfelden-Echterdingen in lediglich 1 ¼ Jahren zum Abschluss gebracht werden. Zur Erinnerung: Die betroffenen Landwirte und die Stadt Leinfelden-Echterdingen hatten im April 2003 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums vom 12.03.2003 erhoben. Über diese Klagen hatte das Verwaltungsgericht bereits am 11.2.2004 mündlich verhandelt und die Klagen durch Urteile vom selben Tag abgewiesen. Der VGH hat nach Zulassung der Berufungen die bei ihm im April und Mai 2004 gestellten Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klagen mit Beschlüssen vom 26.7.2004 (vgl. Pressemitteilung Nr. 35/2004 vom 27.07.2004) abgelehnt. Dabei hat er sich nicht auf eine lediglich summarische Prüfung beschränkt, sondern zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Einschluss aller entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen vorgenommen, aufgrund derer er zu der sicheren Einschätzung gelangt ist, dass auch die Berufungen der vorgenannten Kläger keine Aussicht auf Erfolg haben. Die betroffenen Landwirte und die Stadt Leinfelden-Echterdingen haben, auch unter dem Eindruck dieser sehr eindeutigen Beschlüsse ihre Berufungen in der Folgezeit zurückgenommen. Anhängig ist beim VGH nur noch die Berufung des BUND, der jedoch keinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt hat und mithin den Beginn der Bauarbeiten auch nicht verzögern konnte.


7. Anhängige Verfahren von öffentlichem Interesse

1. Senat

> Im Berufungsverfahren 1 S 1674/04 wendet sich die evangelische Kirchengemeinde Nordheim gegen eine Verfügung des Landratsamtes Heilbronn, mit der sie verpflichtet wird, eine Solaranlage auf dem Dach ihrer denkmalgeschützten Kirche zu beseitigen. Der Klägerin ist es ein Anliegen, mit der Solaranlage alternative Methoden der Energiegewinnung demonstrativ zu unterstützen, um damit ihrem theologischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung gerecht zu werden. Die Denkmalschutzbehörde ist der Auffassung, dass durch die Solaranlage der Gesamteindruck des Denkmals empfindlich gestört werde. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat der Klage stattgegeben und die angefochtene Verfügung aufgehoben.

> Im Berufungsverfahren 1 S 1161/04 begehrt das Institut für Plastination, das im In- und Ausland die Ausstellung „Körperwelten. Die Faszination des Echten“ durchführt und dabei die Plastinate der Körper von Verstorbenen benutzt, die Feststellung, dass diese Ausstellungen keiner Ausnahmegenehmigung im Sinne der Bestattungsverordnung bedürfen. Der Klägerin war im März 2003 von der Landeshauptstadt Stuttgart die Ausnahmegenehmigung vom Verbot der öffentlichen Ausstellung von Leichen nur unter Auflagen erteilt worden. Hiernach durften sieben der mittels einer von Gunther von Hagens erfundenen Plastinationstechnik präparierten Leichen überhaupt nicht und zwei Plastinate nur mit Einschränkungen gezeigt werden. Eine zweite, im Herbst 2003 geplante Ausstellung sagte die Klägerin im Hinblick auf diese Auflagen ab. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 16.03.2004 die Feststellungsklage mit dem Hauptantrag abgewiesen und auf den Hilfsantrag der Klägerin festgestellt, dass das Verbot der Ausstellung bestimmter, im Einzelnen bezeichneter Plastinate rechtswidrig war. Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin die mit dem Hauptantrag begehrte Feststellung weiter, hilfsweise beantragt sie die Feststellung, dass auch das Verbot, das Skelettpräparat „Prayer“ auszustellen, rechtswidrig war.


2. Senat

> Im Berufungsverfahren 2 S 994/04 geht es um die Frage, wie weit die in § 5 Abs. 7 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages geregelte Gebührenfreiheit für Rundfunkgeräte reicht, die von privaten Rundfunkveranstaltern oder Rundfunkanbietern für betriebliche Zwecke zum Empfang bereitgehalten werden.

In diesem Verfahren wurde Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf
Donnerstag, den 14.04.2005, 10:00 Uhr.


3. Senat

Beim 3. Senat sind mehrere Verfahren zum Thema „Windenergie und Windkraftanlagen“ anhängig. Besonders interessant dürften hier vor allem folgende Verfahren sein:

> In den Berufungsverfahren - 3 S 142/05 - und 3 S 162/05 – liegen die Standorte für die geplanten Windkraftanlagen in der Nähe des Klosters Schöntal, einem Kulturdenkmal. Die Windkraftanlagen können zudem möglicherweise nicht wirtschaftlich betrieben werden, weil keine ausreichende Windhäufigkeit vorliegt.

In diesen Verfahren wurde Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf
Donnerstag, den 21.4.2005, 10:00 Uhr.

> Im Berufungsverfahren – 3 S 2521/04 – wendet sich das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Freiburg (Beklagter), gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 24.06.2004, mit dem das Regierungspräsidium Freiburg verpflichtet wurde, die Genehmigung für die im Januar 2003 beschlossene Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Freiburg (Klägerin) auch für den Bereich „Holzschlägermatte“ zu erteilen. Der Standort „Holzschlägermatte“ liegt innerhalb des Landschaftsschutzgebietes „Schauinsland“. Am 21.01.2003 beschloss der Gemeinderat der Stadt Freiburg die Änderung des Flächennutzungsplanes in diesem Bereich und wies für die Standorte „Rosskopf“ und „Holzschlägermatte“ Vorrangflächen für Windenergieanlagen aus, wobei die Nabenhöhe der baulichen Anlagen auf 98m sowie deren Gesamthöhe auf 133m begrenzt wurden. Mit Bescheid vom 23.06.2003 versagte das Regierungspräsidium Freiburg die erforderliche Genehmigung des Flächennutzungsplans für den Bereich „Holzschlägermatte“, da die konkret geplante Anlage auf-grund ihrer Nabenhöhe von 98m eine Verunstaltung des Landschaftsbildes darstelle und diese Bedenken vom Gemeinderat nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht abgewogen worden seien. Dem ist das Verwaltungsgericht Freiburg nicht gefolgt. Der VGH hat die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen (vgl. Pressemitteilung Nr. 53/2004 vom 02.11.2004).

> Im Normenkontrollverfahren - 3 S 1545/04 - streiten die Betreiberin des geplanten Windparks „Teufelsmühle“ (Antragstellerin) und der Regionalverband Mittlerer Oberrhein um die Gültigkeit des Teilregionalplans „Erneuerbare Energien“. Die Antragstellerin ist der Auffassung, dieser Teilregionalplan stelle eine Verhinderungsplanung dar, da er nur den von ihr geplanten Windpark verhindern solle.

Sonstige Verfahren von allgemeinem Interesse:

> Im Normenkontrollverfahren - 3 S 474/04 – wenden sich vier Sporttaucher gegen eine vom Gemeinderat der Stadt Philippsburg beschlossene Rechtsverordnung, mit der zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt des auf der Gemarkung Huttenheim liegenden Brechtsees ein Winter- und Nachttauchverbot verhängt wurde. Der ca. 24,5 ha große Baggersee Brecht liegt zwischen der B 35 und dem Rußheimer Altrhein und wird zu Freizeitaktivitäten wie Schwimmen, Tauchen und Angeln genutzt. Unterwasser-Bestandsaufnahmen hatten im Vergleich zu früheren Jahren eine gravierende Verarmung der Unterwasserflora aufgezeigt, die zur Überzeugung der Antragsgegnerin auf einen intensiven Tauchbetrieb zurückzuführen sein soll. In diesen Verfahren wurde Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf
Mittwoch, den 16.03.2005, 10:00 Uhr. Die Verhandlung findet im Bürgerhaus der Stadt Philippsburg statt.

> Im Normenkontrollverfahren - 3 S 2693/04 - wendet sich die Stadt Rastatt gegen einen von der Stadt Baden-Baden aufgestellten vorhabenbezogenen Bebauungsplan für ein Fachmarktzentrum (Bebauungsplan „City“). Die Stadt Rastatt ist der Auffassung, dass bei der gewährten Zielabweichung von den Darstellungen des Regionalplans ihre Stellung als benachbartes Mittelzentrum nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.

> Mit den Normenkontrollanträgen - 3 S 1696/04 – wenden sich fünf Eigentümer von Wohngrundstücken gegen den Ausbau des Stadions des derzeitigen Regionalligavereins TSG Hoffenheim (Hopp-Stadion).


4. Senat

> Im Berufungsverfahren – 4 S 1379/04 – streiten sich ein Landwirt (Kläger) und das Regierungspräsidium Tübingen über die Frage, ob der Kläger das in Italien rechtmäßig hergestellte und vertriebene Pflanzenschutzmittel „Micene DF“, das in Deutschland nicht zugelassen ist, einführen und in den Verkehr bringen darf. Der VGH hatte diese Frage bereits mit Urteil aus dem Jahr 2003 verneint und entschieden, dass ein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft zugelassenes Pflanzenschutzmittel mit einem im Inland zugelassenen Pflanzenschutzmittel nur dann identisch ist, wenn neben der Produktidentität, d.h. der Identität von Wirkstoff und Wirkung des Pflanzenschutzmittels, auch die Herstelleridentität gegeben ist. Das BVerwG hat diese Entscheidung aufgehoben und entschieden, dass die Anwendung und das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels, das in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft zugelassen ist und das dieselben Wirkstoffe und dieselben Wirkungen wie ein in Deutschland zugelassenes Pflanzenschutzmittel hat, in Deutschland nicht allein deshalb untersagt werden kann, weil die beiden Pflanzenschutzmittel nicht den identischen Hersteller haben. Das Pflanzenschutzmittel bedürfe bei Wirkstoff- und Wirkungsidentität keiner erneuten Zulassung im Bundesgebiet, vielmehr liege in diesen Fällen ein sogenannter „Parallelimport“ vor. Es hat die Sache daher an den VGH zurückverwiesen, um die bislang nicht geprüfte Frage der Wirkstoff- und Wirkungsgleichheit der Mittel zu klären.


6. Senat

> In fünf Berufungsverfahren wendet sich die Landeshauptstadt Stuttgart (Beklagte) gegen Urteile des Verwaltungsgerichts Stuttgart, mit denen die Vergabepraxis für das Volks- und Frühlingsfest beanstandet wurde. Die Kläger dieser Verfahren sind Schausteller bzw. Gewerbetreibende. Sie hatten sich erfolglos bei der Beklagten beworben, zum Cannstatter Volksfest 2002 (AZ.: 6 S 1454/04), zum Frühlingsfest 2003 (AZ.: 6 S 1455/04 und 6 S 1476/04) und zum Volksfest 2003 (AZ.: 6 S 1507/04 und 6 S 1508/04) zugelassen zu werden. Mit ihren Klagen begehren sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Ablehnungsbescheide. Das Verwaltungsgericht hat den Klagen stattgegeben und festgestellt, dass die Vergabeentscheidungen rechtswidrig waren. Eine Beschränkung der Marktfreiheit sei ausschließlich aus marktrechtlichen und marktspezifischen Gründen zulässig. Hierbei könne die Beklagte zwar grundsätzlich die Attraktivität der Geschäfte als positiven Auswahlgesichtspunkt heranziehen, sie müsse jedoch die für diese Wertungsentscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte offen legen, um eine einheitliche Anwendung des Verteilungsmaßstabes zu gewährleisten. Dem werde das der Auswahlentscheidung zugrunde gelegte differenzierte Bewertungsmodell der Beklagten mit seinem stark gespreizten Punktesystem nicht gerecht. Die Vergabepraxis finde in dieser Form auch keine nachvollziehbare Grundlage im Wortlaut der vom Gemeinderat am 20.07.2001 beschlossenen Richtlinie für die Verteilung von Standplätzen am Cannstatter Wasen. Der VGH hat die Berufung gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssachen zugelassen (vgl. Pressemitteilung Nr. 26/2004 vom 23.06.2004).


8. Senat

Erneut sind beim Senat zwei luftverkehrsrechtliche Klageverfahren anhängig, in denen um die Rechtmäßigkeit der Flugbeschränkungen für An- und Abflüge zu und vom Flughafen Zürich gestritten wird.

> Im ersten Verfahren - 8 S 1249/04 - wendet sich die in der Schweiz liegende Stadt Kloten gegen die von der Bundesrepublik Deutschland erlassene Rechtsverordnung, die vorsieht, dass zwei der drei vorhandenen Pisten des Flughafens Zürich durch den deutschen Luftraum an Werktagen nur in der Zeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr und an Samstagen, Sonntagen sowie gesetzlichen Feiertagen nur in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr angeflogen werden dürfen. Anflüge auf die dritte Landebahn dürfen über deutschem Hoheitsgebiet an Werktagen in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen sowie gesetzlichen Feiertagen zusätzlich zwischen 6.00 Uhr und 9.00 Uhr sowie zwischen 20.00 Uhr und 22.00 Uhr nicht unterhalb einer Flughöhe von 10.000 Fuß (etwa 3.000 m) durchgeführt werden.

Die östlich des Flughafens gelegene Stadt Kloten macht geltend, sie werde durch die aufgrund der Beschränkungen erforderlich gewordene Umlegung des Anflugverkehrs erheblichen Lärmimmissionen ausgesetzt. Diese Auswirkungen hätten im Vorfeld des Erlasses der Rechtsverordnung durch eine Anhörung der Stadt, die nicht stattgefunden habe, ermittelt und berücksichtigt werden müssen. Insbesondere habe in die Abwägung eingestellt werden müssen, dass sich die Flughafenumgebung seit Jahrzehnten auf einen Betrieb in Nord-Süd-Richtung eingestellt und sich die Besiedlung des Raums entsprechend vollzogen habe. Ferner spreche gegen die Umlenkung des Anflugverkehrs, dass der Anflug von Osten aus topografischen Gründen der unsicherste sei, weil es kein Instrumenten-Landesystem (ILS) der dritten Kategorie gebe und Blindlandungen nicht möglich seien. Die vollständige Klagebegründung steht noch aus. Die Bundesrepublik hält die Klage - mangels Klagebefugnis - für unzulässig und im Übrigen für unbegründet. Unabhängig von der - zu verneinenden - Frage, ob ausländische juristische Personen sich überhaupt auf ein Recht auf gerechte Abwägung ihrer Belange berufen könnten, sei in höchstrichterlicher Rechtsprechung geklärt, dass Klagen lärmbetroffener Gemeinden gegen Flugverfahren nur dann Erfolg haben könnten, wenn sie willkürlich unzumutbarem Fluglärm ausgesetzt würden. Hierfür sei kein Anhaltspunkt ersichtlich. Im Übrigen stehe - so das Bundesverwaltungsgericht - selbst deutschen Kommunen kein Anhörungsrecht vor Erlass einer solchen Rechtsverordnung zu.

Zu dem konkret von den schweizerischen Behörden gewählten Anflugverfahren von Osten besage die Verordnung nichts und könne in diesem Verfahren auch nichts ausgeführt werden.

> Die Kläger des zweiten Verfahrens - 8 S 1706/04 -, d. h. die Gemeinden Zollikon und Zumikon, Stadt Zürich und drei Privatpersonen, berufen sich auf ihr Eigentum an Grundstücken bzw. Einrichtungen, die unterhalb der Anfluggrundlinie von zwei Pisten des Flughafens Zürich liegen. Sie tragen vor, bisher seien sie nicht oder nur geringfügig von Fluglärm betroffen gewesen; durch das aufgrund der Flugbeschränkungen geänderte An- und Abflugregime würden die Grundstücke dagegen nunmehr mit unzumutbarem und gesundheitsgefährdendem Fluglärm belastet. Die Kläger sehen sich in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 GG) bzw. in ihrem Recht auf Eigentum aus Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention und die drei privaten Kläger zusätzlich in Ihrem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) verletzt. Ferner machen alle Kläger geltend, die Verordnung sei unter Verstoß gegen das rechtsstaatliche Abwägungsgebot zu ihren Lasten zustande gekommen. Dem tritt die Bundesrepublik entgegen und verweist darauf, dass der Kern der angegriffenen Verordnung einem ausgehandelten und unterschriebenen Staatsvertrag entspreche, dessen Ratifizierung an der Ablehnung durch den Nationalrat und den Ständerat der Schweiz gescheitert sei. Die Kläger könnten durch die Flugbeschränkungen schon deshalb nicht in ihren Rechten verletzt werden, weil dadurch keine Festlegungen darüber getroffen würden, wie ihre Grundstücke überflogen würden. Die Belastungen mit Fluglärm gingen vielmehr auf Entscheidungen der schweizerischen Behörden zum Flughafenbetrieb zurück. Deshalb greife die Verordnung auch nicht in Grundrechte der Kläger ein, auf die sich die klagenden Gemeinden und Städte als juristische Personen ohnehin nicht berufen könnten. Die Beschränkungen seien auch frei von Abwägungsfehlern getroffen worden, insbesondere zwängen sie die Schweiz nicht, den Klägern unzumutbaren Lärm willkürlich aufzubürden.


10. Senat

> Die in der letztjährigen Jahrespressekonferenz genannten atomrechtlichen Verfahren 10 S 3098/98 (Genehmigung eines Nasslagers für Brennelemente im Kern-kraftwerk Obrigheim) und 10 S 408/01 (Klagen von Anwohnern auf behördliche Einstellung des Betriebs des Kernkraftwerks Obrigheim) werden sich voraussichtlich durch Vergleich erledigen.

> Neu anhängig ist beim Senat eine Klage der Vorsitzenden der „Bürgerinitiative Philippsburg e. V“ gegen die atomrechtliche Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz vom 19.12.2003 zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen am Standort-Zwischenlager Philippsburg der ENBW-Kraftwerke AG (- 10 S 670/04 -). Die Klägerin, die in ca. drei Kilometer Entfernung vom genehmigten Zwischenlager ein Einfamilienhaus bewohnt, macht im Wesentlichen eine Verletzung des Grundrechts auf Leben und Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) geltend. Sie behauptet, es bestehe für sie ein Strahlenrisiko, da zur Zwischenlagerung vorgesehenen Castorbehälter nur einen unzureichenden Schutz vor Strahlung böten. Zudem bestreitet sie die Zuständigkeit des Bundesamtes für Strahlenschutz.

> Von den beim Senat anhängigen immissionsschutzrechtlichen Verfahren dürfte die länderübergreifende Klage der Stadt Strasbourg, der Communautè Urbaine de Strasbourg und eines privaten Klägers - 10 S 1707/04 - von besonderem öffentlichem Interesse sein. Die Kläger wehren sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Regierungspräsidiums Freiburg zur Änderung des Heizkraftwerks Kehl. Mit dieser Genehmigung wurde dem Betreiber des Heizkraftwerks gestattet, bestimmte kontaminierte Holzabfälle zu verbrennen. Die Kläger befürchten, dadurch mit Immissionen belastet zu werden.

> In einem weiteren (Berufungs-) Verfahren mit Auslandsbezug - 10 S 1208/04 - geht es um die Frage, ob der Kläger, der auf seinem Grundstück in Philippsburg eine Firma zur Gewinnung von Sekundärrohstoffen aus Kunststoffen und anderen Materialien betrieben hatte, zu den Kosten für die Rückführung illegal in den Libanon verbrachter Abfälle herangezogen werden kann. Der Kläger hatte nach der Schließung seines Betriebs ca. 1.000 Tonnen verunreinigter Kunststoffabfälle an eine Recyclingfirma veräußert, welche die Abfälle über eine Drittfirma in den Libanon verbringen ließ. Auf Verlangen der libanesischen Regierung mussten diese illegal in den Libanon verbrachten Abfälle nach Deutschland zurückgeholt werden, da diese wegen gefährlicher Verunreinigungen nicht verwertet, sondern nur in einer Müllverbrennungsanlage beseitigt werden konnten. Nachdem der Kläger vom Regierungspräsidium Karlsruhe zunächst erfolglos zur Rückholung der Abfälle verpflichtet worden war, wurde er zur Erstattung der im Zusammenhang mit der Rückholung angefallenen Kosten der Behörde herangezogen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat den Leistungsbescheid des Regierungspräsidiums aufgehoben. Im Berufungsverfahren wird u. a. zu klären sein, inwieweit der Kläger an der illegalen Verbringung der Abfälle ins Ausland beteiligt war.



Länderhäufigkeit (application/pdf 27.5 KB)
Verwaltungsgerichte 2004 (application/pdf 28.6 KB)
Verwaltungsgerichtshof 2004 (application/pdf 33.7 KB)


Fußleiste