Suchfunktion

Kostenersatz für Fällen umsturzgefährdeter Bäume abgelehnt

Datum: 04.05.2004

Kurzbeschreibung: 


Der Gemeinde als Ortspolizeibehörde steht für das von ihr veranlasste Fällen umsturzgefährdeter Bäume kein zivilrechtlicher Aufwendungsersatzanspruch gegenüber dem Eigentümer eines Waldes zu, wenn sie diesem zuvor unter Inanspruchnahme öffentlich-rechtlicher Rechtsgrundlagen erfolglos die Beseitigung der Bäume aufgegeben hatte. Dies entschied der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) im Fall eines Waldeigentümers in Obrigheim und wies den Antrag der Gemeinde auf Zulassung der Berufung gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zurück.

Die Gemeinde (Klägerin) hatte den Eigentümer eines Waldes (Beklagter) aufgefordert, die Standfestigkeit seiner Bäume zu überprüfen und innerhalb einer festgesetzten Frist umsturzgefährdete Bäume zu fällen, nachdem das Staatliche Forstamt festgestellt hatte, dass mehrere Bäume nicht mehr standfest waren und auf eine nahe gelegene Gemeindeverbindungsstraße sowie einen angrenzenden Campingplatz zu stürzen drohten. Nachdem der Beklagte dieser formlosen Aufforderung trotz angedrohter kostenpflichtiger Ersatzvornahme nicht nachkam, beseitigte die Gemeinde die Bäume selbst und verlangte vom Beklagten Kostenersatz. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass ein öffentlich-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch nicht in Betracht kommt, da die Gemeinde es versäumt hatte, vor der Beseitigung der Bäume die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, d.h. insbesondere den Sofortvollzug der Beseitigungsverfügung anzuordnen. Die Gemeinde meint jedoch, ihr stehe ein privatrechtlicher Aufwendungsersatzanspruch zu, weil sie mit dem Beseitigen der Bäume zugleich eine dem Eigentümer obliegende Verkehrssicherungspflicht erfüllt habe.
Dieser Auffassung ist der VGH nicht gefolgt. Zwar stehe das Tätigwerden eines Hoheitsträgers im Bereich der Gefahrenabwehr nach einer älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht generell der Annahme entgegen, dass dieser zugleich auch ein privates Geschäft eines Dritten erfüllt. Nach dieser - nicht unumstrittenen Rechtsprechung - könne dem Hoheitsträger grundsätzlich ein zivilrechtlicher Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag wie einem Privaten zustehen. Auch zwischen Privatleuten scheide jedoch ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag aus, wenn der Geschäftsführer vom Geschäftsherrn beauftragt oder sonst ihm gegenüber berechtigt gewesen sei, das Geschäft auszuführen. Eine solche „Berechtigung“ sei auch gegeben, wenn die Behörde dem Geschäftsherrn (hier: dem Beklagten) die Ausführung des Geschäfts unter Inanspruchnahme einer öffentlich-rechtlichen Rechtsgrundlage aufgegeben habe. Hierbei sei unerheblich, ob diese Aufforderung die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts erfülle und ob dieser rechtmäßig und vollstreckbar sei. Die Klägerin werde dadurch gegenüber Privaten auch nicht unangemessen benachteiligt, da sie es selbst in der Hand habe, ob sie in Eilfällen den Störer zur Gefahrenabwehr heranzieht und so ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründet, oder ob sie schlicht öffentlich-rechtlich handelt und damit (auch) ein fremdes Geschäft eines Dritten führt. Im ersten Fall könne sie Kostenersatz nur nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften verlangen, im zweiten Fall sei auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (auch) ein privatrechtlicher Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag denkbar.

Der Beschluss ist unanfechtbar (5 S 1460/03).





Fußleiste