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Keine Pflicht zur Bewirtschaftung und Pflege landwirtschaftlich nutzbarer Grundstücke unter Hinnahme von Verlusten

Datum: 05.04.2004

Kurzbeschreibung: 


Der 10. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat im Urteil vom 6.11.2003 klargestellt, dass Eigentümern landwirtschaftlich nutzbarer Grundstücke deren Bewirtschaftung und Pflege grundsätzlich nur bis zur Grenze wirtschaftlicher Verluste zumutbar ist.

Der Kläger ist Eigentümer von Grundstücken im Schwarzwald mit einer Gesamtfläche von etwa 70 Hektar in Höhenlagen von 500 bis 600 Metern mit zum Teil steilen Hangneigungen. Er hatte diese Flächen bislang jährlich einmal mähen lassen; hierfür hatte er einen Zuschuss des Landes Baden-Württemberg erhalten, der die Mähkosten von 600 DM bis 800 DM pro Hektar zu etwa zwei Drittel abdeckte. Nach Wegfall des Zuschusses beantragte der Kläger, ihn von der gesetzlichen Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht zu befreien. Dem kam die beklagte Gemeinde nicht nach, sondern verpflichtete den Kläger stattdessen mit Bescheid vom 10.11.1997, die Grundstücke - wie bisher - einmal pro Jahr bis zum 15.9. zu mähen. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg, diese Mähpflicht aufzuheben und die beklagte Gemeinde außerdem zu verpflichten, ihn von jeglicher Pflegepflicht zu befreien, um die Grundstücke brach liegen lassen zu können. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Der VGH hat der Berufung hinsichtlich eines kleinen Teils des Grundeigentums des Klägers stattgegeben.

Das baden-württembergische Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (LLG) verpflichte die Besitzer landwirtschaftlich nutzbarer Grundstücke, diese zu bewirtschaften oder dadurch zu pflegen, dass sie für eine ordnungsgemäße Beweidung sorgen oder mindestens einmal im Jahr mähen. Der Gesetzgeber wolle damit angesichts wachsender Besiedlungsdichte und zunehmender Freizeit- und Erholungsbedürfnisse bei gleichzeitig abnehmender freier Landschaft einer Verwahrlosung und Verwilderung der offenen Landschaft entgegen wirken. Diese Pflegepflicht beschränke die Eigentümer nicht unverhältnismäßig und sei daher mit dem verfassungsrechtlichen Eigentumsgrundrecht vereinbar. Dem Gesetz lasse sich nämlich entnehmen, dass den Eigentümern keine Bewirtschaftung und Pflege zugemutet werde, die nur unter wirtschaftlichen Verlusten möglich wäre. Dabei komme es allein auf die Ertragssituation des jeweiligen Grundstücks und nicht auf die - eventuell günstige - Vermögenssituation des Eigentümers an. Ausgehend davon sei dem Kläger die Mähpflicht hinsichtlich des größten Teils seines Grundeigentums zumutbar, weil diese Flächen auch forstwirtschaftlich genutzt würden und der Ertrag hieraus die Mähkosten für die Restflächen jeweils übersteige. Hinsichtlich der übrigen nicht forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke seien keine die Mähkosten deckenden Erträge zu erzielen, so dass die Mähpflicht unzumutbar sei. Allerdings könne der Kläger auch hinsichtlich dieser „unrentablen“ Grundstücke überwiegend nicht verlangen, von jeglicher Pflegepflicht befreit zu werden und sie „verwildern“ zu lassen, sondern müsse sie wie bisher Dritten zur Bewirtschaftung überlassen. Dabei sei nach der Wertung des Gesetzes unerheblich, ob die mit einer Verpachtung oder sonstigen Überlassung verbundenen Verwaltungskosten und Steuerlasten ungedeckt blieben, weil nur ein „symbolischer“ oder gar kein Pachtzins zu erzielen sei. Lediglich hinsichtlich zweier nur etwa 0,3 Hektar großer Grundstücke sei der Kläger überhaupt nicht zur Pflege verpflichtet, weil es bei dieser geringen Flächen keine Möglichkeit zur Beweidung gebe, die konkret als einzige Pflegeform in Betracht komme.

Das Urteil ist rechtskräftig geworden (10 S 2619/00).





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