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Neonazi-Demonstration in Schwäbisch Hall darf stattfinden

Datum: 04.03.2004

Kurzbeschreibung: 


Der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat heute die Beschwerde der Stadt Schwäbisch Hall gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. Februar 2004 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Stadt Schwäbisch Hall berechtigt ist, das auf dem Marktplatz befindliche Mahnmal für die Opfer der Nazidiktatur durch geeignete Maßnahmen abzuschirmen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte eine Verfügung der Stadt Schwäbisch Hall außer Vollzug gesetzt, durch die eine für den 6. März 2004 geplante Demonstration unter dem Motto „Multikulti-Diktat in Hall brechen - Schindluder mit Steuergeldern beenden: Linksradikalem Club Alpha die Tantiemen streichen“ verboten worden war. Auch die fürsorglich angeordnete Auflagenverfügung, mit der unter anderem die vorgesehenen Kundgebungen vom Marktplatz auf den Holzmarkt verlegt werden sollten, war vom Veranstalter der Demonstration mit Erfolg vor dem Verwaltungsgericht angegriffen worden. Der VGH hat unter Bezugnahme auf seine Rechtsprechung zu den Grundrechten der Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts bestätigt, dass eine Versammlung nicht schon deshalb als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung verboten werden dürfe, weil Meinungen geäußert würden, die grundlegende Werte der Verfassung in Frage stellten. Das Grundgesetz vertraue darauf, dass die Gesamtheit der Bürger in der Lage sei, nationalsozialistisches Gedankengut mit politischen Mitteln abzuwehren. Dies habe die Petition der Schwäbisch Haller Bürger unter Beweis gestellt. Ein Demonstrationsverbot könne mit diesem Apell allerdings nicht erreicht werden. Auch ein Rednerverbot für den als Redner vorgesehenen Neonnazi Günter Deckert komme nicht in Betracht, da es derzeit keine Erkenntnisse gebe, wonach er das angekündigte kommunalpolitische Thema zum Vorwand nehmen werde, strafbewehrte volksverhetzende öffentliche Äußerungen von sich zu geben. Für den Fall, dass es dennoch dazu käme, könnte ihm allerdings das Wort entzogen werden. Der Marktplatz der Stadt Schwäbisch Hall mit dem dort befindlichen Mahnmal könne auch nicht von vornherein Gruppierungen des rechten Spektrums als Kundgebungsort vorenthalten werden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Kundgebung nicht zielgerichtet und offenkundig dem Zweck diene, die mit dem Mahnmal verbundenen Empfindungen der Bevölkerung zu verletzen. Der Marktplatz sei deshalb als Kundgebungsort ausgewählt worden sei, weil sich dort das Rathaus befinde und die Versammlungsteilnehmer Einfluss auf die den Club Alpha betreffenden Entscheidungen der Stadt nehmen wollten. Der VGH räumt der Stadt Schwäbisch Hall aber ausdrücklich das Recht ein, das Mahnmal in angemessener Weise abzuschirmen, auch um auf diese Weise zu dokumentieren, dass es unter dem besonderen Schutz der Gemeinschaft steht.

Der Beschluss des VGH (1 S 549/04) ist unanfechtbar.





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